Lehrt die Bibel eine junge Schöpfung?

Hartmut Ising

In einem Gespräch über die Schöpfung widersprach ich der Ansicht, dass die Erde älter sei als die Sonne, da der Planet nicht älter sein könne als das Zentralgestirn. Dies wurde von meinen Gesprächspartnern als Unglauben gewertet. Ich war damals noch Schüler und sprach mit meinem Vater darüber. Er gab mir einen weisen Rat: „Wirf weder die Bibel über Bord noch verdrehe deine wissenschaftliche Erkenntnis. Denke über beides mit Gebet nach.“

Nach vielen Jahren fand ich die Antwort auf meine Frage im Kommentar von RASHI, einem berühmten rabbinischen Bibelgelehrten aus dem 12. Jahrhundert n. Chr. RASHI schreibt zum vierten Tag des Schöpfungsberichtes: Es werden Lichter… Sie wurden am ersten Tag geschaffen, und am vierten Tag befahl Er ihre Verteilung am Himmel *).

Galilei schrieb im Jahr 1613 an seinen Schüler Castelli: „Zwei Wahrheiten können sich nicht widersprechen“. Damit meinte er die Bibel und die Schöpfung (vgl. Rm.1,20). Bei der Auslegung der Bibel gehören für mich dieses Prinzip und die Freiheit der Bibel von Widersprüchen (vgl. Ps.119,160) zu den wesentlichen Grundlagen. Wo Bibelauslegungen zu Widersprüchen führen, ist entweder die Interpretation der naturwissenschaftlichen Beobachtungen oder die Interpretation der Bibel fehlerhaft. Das Ziel dieses Artikels ist die im Titel formulierte Frage. Dabei geht es alleine um eine sorgfältige Auslegung der Bibel. In dem Artikel „Gedanken zum Schöpfungsbericht beziehe ich Beobachtungen der Naturwissenschaft in die Betrachtung ein, weil sich Gott auch in der Schöpfung offenbart.

Ich bin Altkreationist wie z.B. W. Kelly, A. Gaebelein und W. MacDonald (vgl. Anhang 1) und bin davon überzeugt, dass die Bibel das Alter der Schöpfung von Himmel und Erde offenlässt. Das bedeutet, dass ich auch jungkreationistische Auslegungen des Schöpfungsberichtes für möglich halte. Seit meiner Schulzeit beobachte ich aber mit Sorge den Eifer vieler Christen, die ihre Interpretation der Bibel mit der biblischen Lehre gleichsetzen. Im Folgenden möchte ich den Leser einladen, gründlich über den Schöpfungsbericht nachzudenken und die Argumente für ein junges Universum zu prüfen.

Die wichtigsten Argumente für eine junge Schöpfung werden vor allem aus den folgenden drei Schlüsselversen abgeleitet und lauten:

  1. 2.Mo.20,11: Gott erschuf das Universum einschließlich der Erde und des Menschen in den sechs Werktagen einer irdischen Arbeitswoche.

  2. Rm.8,20: Vor dem Sündenfall existierte kein Tod in der Schöpfung.

  3. 1.Mo.1,31: Vor dem Sündenfall war die Schöpfung sehr gut, was vielfach als „absolut gut“ verstanden wird – wie im neuen Himmel und auf der neuen Erde.


*) Nach RASHI gehört V.1 zu Tag 1. Er schreibt zu Gen.1,14: Let there be luminaries, etc.: They were created on the first day, and on the fourth day, He commanded them to be suspended in the sky, and likewise, all the creations of heaven and earth were created on the first day, and each one was fixed in its proper place on the day that was decreed upon it. That is why it is written: “with the heaves to include their products,”and with the earth” to include its products.

www.chabad.org/library/bible_cdo/aid/63255/jewish/The-Bible-with-Rashi.htm

1. Hat Gott das Universum einschließlich der Erde in sechs irischen Tagen erschaffen?

Im Schöpfungsbericht wird Gottes Wirken und das anschließende Ruhen in sieben Tagen beschrieben. Verschiedene Ausleger halten diese sieben Tage für eine gewöhnliche Woche mit sieben aufeinander folgenden Kalendertagen von je 24 Stunden. Wenn diese Auslegung zuträfe, müsste auch der Ruhetag Gottes ein irdischer Tag mit 24 Stunden gewesen sein. Wir wollen nun untersuchen, ob diese Ansicht im Schöpfungsbericht gelehrt wird im Zusammenhang mit 2.Mo.20:11: In sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht, und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tag; darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn.

Im Folgenden sollen einige Argumente gegen diese „Kalenderwochen-Sicht“ dargestellt werden. Dazu wollen wir zunächst die Bedeutungen des Wortes Tag (jom) im Schöpfungsbericht untersuchen. Dieses Wort wird zum ersten Mal gebraucht in 1.Mo.1,5: Gott nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte er Nacht. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: erster Tag.

Hiernach bezeichnet „Tag“ die helle Phase des 24-Stunden Tages – mit einer Dauer von ca. 12 Stunden. Tag und Nacht werden im nächsten Satz zusammen gezählt durch den Ausdruck es wurde Abend, und es wurde Morgen. Im Abschluss des Satzes werden Tag und Nacht zusammen als „Tag eins“ bezeichnet – mit einer Dauer von 24 Stunden.

In 1.Mo.2,4 lesen wir: Dies ist die Geschichte des Himmels und der Erde, als sie geschaffen wurden, an dem Tag, als Gott der HERR Erde und Himmel machte. Dieser Tag umfasst die gesamte Zeit von 1.Mo.1,1 bis zu dem 6.Tag. Die Dauer dieses Tages wird offengelassen.

1.1

Die Behauptung, dass bei der Verbindung von Tag mit einem Zahlwort immer irdische Tage gemeint seinen trifft nicht zu, wie aus Hos.6:2 hervorgeht: Er wird uns nach zwei Tagen wiederbeleben, am dritten Tage uns aufrichten;

1.2

Im Schöpfungsbericht wird der siebente Tag deutlich von den sechs Schaffenstagen Gottes unterschieden. Bei diesen heißt es am Ende jeweils, „es wurde Abend, es Erde Morgen … Beim 7. Tag fehlt die Erwähnung von Abend und Morgen und damit das wesentliche Argument dafür, dass es sich bei Gottes Ruhetag um einen 24-Stunden-Tag handeln könnte. Trotzdem schließen Vertreter dieser Sicht aus der Anwendung des Schöpfungsberichtes für die Begründung des Sabbat-Gebotes in 2.Mo.20,11 auf eine irdisch-zeitliche 24-Stunden-Dauer von Gottes Ruhe. Damit projizieren sie den Schöpfer der Zeit in seine zeitliche und vergängliche Schöpfung hinein. Das erscheint mir mit dem biblischen Gottesbild unvereinbar zu sein.

1.3

Die Vorstellung, dass die sechs Schaffenstage lückenlos aufeinander folgende Kalendertage seien, ist zwar weit verbreitet, erscheint mir aber bei sorgfältiger Betrachtung des Bibeltextes als unwahrscheinlich. Zunächst fällt auf, dass der hebräische Text und die LXX nur beim sechsten und siebenten Tag den bestimmten Artikel verwenden, während bei den Tagen eins bis fünf der bestimmte Artikel fehlt. Welche Bedeutung hat diese Unterscheidung der Tage?

Ein Argument für längere Zeiträume zwischen den einzelnen Schaffenstagen habe ich bereits im Jahr 1998 dargestellt. Ich zitiere aus meinem Artikel, „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde“. Die Wegweisung, (12,1998, CV Dillenburg):

...An einem dritten Schaffenstag senkte Gott den Meeresboden ab, so daß sich die Wasser sammeln konnten und die trockene Erde sichtbar wurde. Damit war pflanzliches Leben auf der Erde möglich. ... Da die Erde Gras, Sträucher und fruchttragende Bäume hervorbrachte, ist m. E. klar, daß dieser Prozeß nicht in 24 Stunden abgeschlossen sein konnte. Ich zweifle zwar nicht daran, daß Gott einen großen Baum voller Früchte aus dem Nichts erschaffen kann, aber der Geist Gottes berichtet an dieser Stelle nicht von einer solchen Schöpfertat. Die Wortwahl paßt dagegen zu einem Wachstumsprozess, wie wir ihn in der Natur beobachten können. Das stimmt mit Jes.61,11 überein, wo das Hervorbringen von Gewächsen aus der Erde mit dem Aufsprossen des Gesäten gleichgesetzt wird. Dieser Prozess dauert bei einem Baum vom Keimen des Samens bis zum Fruchttragen mehrere Jahre. Damit erweist sich die Vorstellung, daß zwischen dem göttlichen Wort: „Es werde Licht“ und der Erschaffung des Menschen weniger als eine Woche vergangen sei, als äußerst unwahrscheinlich.

Im Zusammenhang mit dem Garten Eden wird ein natürlicher Wachstumsprozess der Bäume beschrieben (1.Mo.2,8-9): Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Morgen und setzte den Menschen darein, den er gemacht hatte. Und Gott der HERR ließ allerlei Bäume aus der Erde hervorsprossen, lieblich anzusehen und gut zur Nahrung, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen.

Das in 1.Mo.1:12 gebrauchten Wort hervorbringen (yatsa) wird in Jes.61:11 synonym mit dem hier verwendete Wort hervorsprossen (tsamach) verwendet: Denn gleichwie das Erdreich sein Gewächs hervorbringt (yatsa) und ein Garten seinen Samen sprossen (tsamach) läßt, also wird Gott der HERR Gerechtigkeit und Ruhm vor allen Heiden hervor- sprossen (tzamach) lassen.

Verschiedene Bibelausleger vertreten die Meinung, dass Gott am dritten Schaffenstag durch sein Wort den Beginn des pflanzlichen Lebens geschaffen habe; manche bestehen sogar darauf, dass Gott vollständige Bäume mit Früchten geschaffen habe. Mir erscheinen beide Ansichten nicht mit einer gründlichen Exegese des Schöpfungsberichtes in Einklang zu stehen, da die Ausführung von Gottes Befehl als ein normales Wachstum und nicht als ein göttliches Wunder beschrieben werden.

1.4

Als nächstes soll die Frage untersucht werden, wie lang der erste Schaffenstag gewesen sein muss, wenn die ersten beiden Verse des Schöpfungsberichtes als Teil dieses Tages betrachtet werden. Offensichtlich ist diese Betrachtungsweise eine notwendige Voraussetzung für das Konzept einer Schöpfungswoche von sieben Kalendertagen.

Auch RASHI und andere alte Rabbiner betrachteten die beiden ersten Verse des Schöpfungsberichts als Teil des ersten Schöpfungstages. Diese Sicht ist aber logisch mit einem starken Argument gegen eine 24-Stunden-Dauer dieses ersten Tages verbunden. Da die Finsternis auf der Erde erst durch Gottes Wort, „es werde Licht“, beendet wurde und damit der periodische Wechsel von Tag und Nacht begann**), ist die Dauer unbestimmbar, die zwischen der Erschaffung von Himmel und Erde und dem periodischen Licht auf der Erde vergangen war.


**) Der periodische Wechsel von Tag und Nacht setzt einen Beobachter auf der Erdoberfläche voraus. Aus dieser Perspektive ist der ganze Schöpfungsbericht gesehen und beschrieben. Das geht auch aus V. 16 hervor, wo Sonne und Mond als zwei große Lichter im Gegensatz zu den Sternen beschrieben werden. Die Sterne erscheinen dem Beobachter auf der Erdoberfläche kleiner als die Sterne, absolut gesehen sind aber die Sterne viel größer als der Mond

1.5

Abschließend sollen Argumente untersucht werden, die dafürsprechen, dass die Verse eins und zwei des Schöpfungsberichtes nicht zum ersten Schaffenstag gezählt werden sollten. Auch diese Sicht ist mit dem Konzept einer Schöpfungswoche unvereinbar.

Arnold Fruchtenbaum gibt eine umfassende Darstellung der verschiedenen Auslegungs-Varianten der ersten Verse des Schöpfungsberichtes, die in Anhang 1 ausführlich wiedergegeben ist. Außerdem werden dort die Ansichten verschiedener Bibelausleger anhand von Zitaten dargestellt.

Zusammengefasst interpretiert Fruchtenbaum den Beginn des Schöpfungsberichtes folgendermaßen:

  • Vers 1 beschreibt die ursprüngliche, vollkommene Schöpfung…
  • Vers 2 beschreibt somit jene Erde, die ein Ergebnis vom Fall Satans war;
  • Vers 3 beschreibt den ersten Schritt der Wiederherstellung und Neuformung einer gerichteten Erde.
Die sechs Schöpfungsstage beginnen tatsächlich mit Vers 3. Die Verse 1 und 2 sind also nicht Teil des ersten Schöpfungsstages.

Da Fruchtenbaum die jungkreationistische Sicht vertritt, stellen seine Argumente keine „Anpassung an wissenschaftliche Theorien“ dar, sondern sind rein exegetischer Natur. Er vertritt seine jungkreationistische Sicht mit folgenden Worten: ...Wer diese zeitliche Lücke für die »Dinosaurierzeit« hält, muss sie auf Jahrmillionen oder gar -milliarden ausdehnen. Das führt nur dazu, dass Bibelauslegung wissenschaftlichen Theorien angepasst wird.

Der Bibeltext sagt aber nichts über die Dauer ***) zwischen dem „Anfang“ in Vers 1 und Gottes Befehlswort: „Es werde Licht!“. Fruchtenbaum begründet seine jungkreationistische Sicht mit folgenden Worten: „Die Bibel lehrt eindeutig, dass der leibliche Tod mit dem Fall Adams seinen Anfang nahm; also gab es vor Adams Fall keinen leiblichen Tod irgendeiner Art.

Im Folgenden wird diese Behauptung untersucht.


***) Vertreter der jungkreationistischen Sicht behaupten, Gott habe vor ca. 10 000 Jahren ein Universum geschaffen, das den Anschein erweckt, mehr als 10 Milliarden Jahre alt zu sein. Diese Vorstellung ist aber mit dem Wesen Gottes unvereinbar, das in 5.Mo.32,4 folgendermaßen beschrieben wird: Ein Gott der Treue und ohne Trug, gerecht und gerade ist er!

2. Existierte der Tod vor dem Sündenfall?

2.1. Was bedeutet ein sterblicher Leib?

Zu Beginn möchte ich erklären, was ich unter „sterblich“ verstehen. Der menschliche Leib unsers Herrn Jesus war zwar getrennt von Sünde (Heb.4,15), hatte aber die Möglichkeit zu sterben. Dieses Potenzial zu sterben bezeichne ich als „sterblich“. Im Gegensatz zu Adam nach dem Fall und allen nachfolgenden Menschen stand Jesus Christus nicht unter dem Zwang des Todes (Joh.10,18), konnte sein Leben aber freiwillig als Sühnopfer in den Tod geben.

Jesus Christus konnte auf dem Berg der Verklärung seinen in diesem Sinne „sterblichen“ Leib mit dem Herrlichkeitsleib vertauschen. Henoch als Prototyp sowie die zur Zeit der Entrückung lebende Gemeinde wird solch eine Verwandlung ohne physischen Tod erleben. Dies aber sage ich, Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können, auch die Verwesung nicht die Unverweslichkeit ererbt. Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, in einem Nu, in einem Augenblick, bei der letzten Posaune; denn posaunen wird es, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Denn dieses Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen, und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen. Wenn aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: "Verschlungen ist der Tod in Sieg" (1.Kor 15,50-54).

Der sterbliche Leib ist von der Schöpfung an und nicht erst nach dem Sündenfall für die Ewigkeitswelt ungeeignet. Trotzdem konnte Adam mit Gott in Eden vor dem Fall ungetrübte Gemeinschaft haben – so wie die Jünger auf den Berg der Verklärung mit dem verherrlichten Herrn. Auch nach dem Fall sprach Gott, der HERR, mit Adam und einzelnen Menschen wie z. B. Moses. Aber die volle Offenbarung der Herrlichkeit des HERRN kann prinzipiell kein Mensch mit zeitlichem Leib sehen und leben (2.Mo.33,20). Wir dürfen uns aber darauf freuen, Ihn im neuen Leib anzuschauen (1.Joh.3,2).

Seit wann ist der Zeitverlauf in unserer Welt unumkehrbar?

In unserer Welt verläuft die Zeit nur in einer Richtung. Eine Rückkehr in die Vergangenheit ist prinzipiell ausgeschlossen. Diese Eigenschaft unserer zeitlichen Welt ist eine notwendige Voraussetzung für Vergebung. Wenn eine Möglichkeit bestehen würde, in die Zeit vor der Vergebung zurückzukehren, wäre Vergebung unmöglich.

Gott hat sowohl eine unsichtbare, unvergängliche Welt als auch eine sichtbare, zeitliche Welt geschaffen (vgl. Kol.1,15 und 2.Kor.4,18); in letzterer ist der Zeitverlauf unumkehrbar. Die Existenz eines unumkehrbaren Zeitverlaufs ist physikalisch gleichbedeutend mit der Gültigkeit des Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik, der auch als Entropiesatz bezeichnet wird. ****).

Die Zeitlichkeit ist unauflösbar mit der Gültigkeit des Entropiesatzes verbunden. Eine Welt ohne Gültigkeit des Entropiesatzes existiert, es ist die von Gott geschaffene Ewigkeitswelt. Daher ist es bei diesen Fragen von größter Bedeutung, die parallele Existenz unserer zeitlichen und der ewigen Welt zu berücksichtigen. Das wurde von einigen Christen missachtet, die wie Arnold Fruchtenbaum den Ursprung und Beginn der Gültigkeit des Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik in dem Fluch sehen, den Gott nach Adams Sünde aussprach (1.Mo.3,17-18). Fruchtenbaum schreibt: „Römer 8,20-23 verkündet, dass auch die Erde seufzt und auf die messianische Erlösung wartet. In Römer 8,20 heißt es: Denn die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen worden; Vers 21 sagt, dass die Schöpfung in einer Knechtschaft des Verderbens liegt und auf Befreiung wartet; und Vers 22 sagt: die ganze Schöpfung zusammen seufzt und zusammen in Geburtswehen liegt bis jetzt. Das ist der Ursprung vom Zweiten Gesetz der Thermodynamik: das Gesetz der Unordnung, das Gesetz des Todes, das Gesetz, das sich in Hebräer 1,10-12 und in 1.Petrus 1,21 widerspiegelt.”


****) Physikalisch gesehen ist ein Universum mit gültigem Entropiesatz ganz wesentlich unwahrscheinlicher als ein Universum ohne Entropiesatz. Roger Penrose stellt in “The Emporer´s New Mind” (ISBN: 0099771705) die Frage: “Wie groß war das ursprüngliche Volumen des Phasen-Raumes, das der Schöpfer treffen musste, um ein mit dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik vereinbares Universum zu treffen?

Und er antwortet: “Die Genauigkeit muss eins zu 1010123 betragen. Das ist eine außerordentliche Zahl, eine 1 gefolgt von 10123 Nullen.”

Selbst wenn jedes einzelne Proton und Neutron im ganzen Universum eine Null tragen würde, kämen wir erst auf 1080 Nullen! Ein Universum ohne Entropiesatz würde dagegen keine besondere Feinabstimmung erfordern. Daher scheint der Schöpfer gerade auf die Unumkehrbarkeit des Zeitverlaufes in diesem Universum den aller größten Wert gelegt zu haben. (Zu der erforderlichen Information vgl. Meinen Aufsatz: Information in der Bibel und in der Naturwissenschaft).


Fruchtenbaums Behauptung bedeutet bei Berücksichtigung der physikalischen Zusammenhänge, dass vor dem Fluch Gottes über die Erde keine zeitliche Welt existierte. Erst durch den Fluch wäre unsere Welt zeitlich und nach 2.Kor.4,18 damit auch erst zu dieser Zeit sichtbar geworden. Das ist offensichtlich falsch. Da aber vielen Menschen die physikalische Bedeutung des Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik unbekannt ist, wird dieser in Anhang 2 erklärt.

Der Tod des Samenkorns, der vom physikalischen Standpunkt aus die Gültigkeit des Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik voraussetzt, war nach Gottes Plan schon vor dem Sündenfall der Weg zur pflanzlichen Vermehrung.

Damit kommen wir zu der dritten Frage:

2.3. Seit wann gibt es den Tod in unserer Welt?

Reinhard Junker schreibt in seinem Artikel: Betraf laut der Bibel der Tod als Folge der Sünde auch die Tiere?

„.... Die Unterwerfung ist um des Menschen willen geschehen (V. 20), das heißt also, erst nachdem der Mensch geschaffen war. Das verweist auf die Tat Adams als Auslöser für den Zustand des Unterworfenseins…“ (www.genesisnet.info/schoepfung_evolution/f45_5.php).

Die Ursache des Todes in der zeitlichen Schöpfung ist auch meiner Meinung nach der Sündenfall. Daraus folgt aber für Gott keineswegs, dass er die Unterwerfung der Schöpfung erst nach dem Sündenfall vollziehen musste. Gott, der Schöpfer der Zeit, ist nicht dem in unserer Welt gültigem Kausalsatz unterworfen, der besagt, dass die Ursache zeitlich vor der Wirkung liegen muss. Adams Tat war zwar die Ursache für den Tod auch im Tierreich. Da aber Gott der Handelnde ist, bleibt der Zeitpunkt offen, zu dem Gott diese Schöpfung der Vergänglichkeit unterworfen hat. Die Tat Adams ist daher zwar die Ursache, nicht aber der Auslöser für den Zustand des Unterworfenseins. Der Zeitpunkt der Unterwerfung und damit der Beginn des Todes im Tierreich kann nicht aus Rm.8,19-20 geschlossen werden.

Gott hat sowohl eine sichtbare als auch eine unsichtbare Welt geschaffen (Kol.1,16). Über die sichtbare Welt wird uns in 2.Kor.4,18 gesagt: ... das Sichtbare ist zeitlich, das Unsichtbare aber ewig.

Alles Sichtbare einschließlich des pflanzlichen und tierischen Lebens ist nach dem Plan des Schöpfers zeitlich begrenzt. Hierbei handelt es sich um den ursprünglichen Plan Gottes und nicht um einen Plan B, der nach dem Sündenfall notwendig wurde. Das geht aus der Tatsache hervor, dass Gott sowohl eine sichtbare, zeitliche als auch eine unsichtbare, ewige Welt geschaffen hat, und dass er die Erlösung schon vor der Erschaffung der Welt geplant hatte (1.Pet.1,18-20).

Die zeitliche Begrenzung in unserer Welt ist zum einen notwendig, um auf der räumlich begrenzten Erdoberfläche die Möglichkeit von Vermehrung zu geben, die es in der Ewigkeitswelt nicht gibt und nicht geben kann. Die Vermehrung von Tieren und Menschen war bereits vor dem Sündenfall von Gott geboten (1.Mo.1,22 & 28).

Zum anderen ist der Tod eine notwendige Voraussetzung für die Erlösung, die Gott schon vor Grundlegung der Welt geplant hatte. Für Geschöpfe der ewigen Welt ist eine Erlösung prinzipiell unmöglich. Die Sterblichkeit des Menschen ist eine notwendige Voraussetzung für seine Erlösbarkeit. Darum vertrieb Gott die Menschen nach dem Sündenfall aus dem Paradies, um ihnen den Weg zum Baum des Lebens zu versperren und damit die Erlösbarkeit zu erhalten.

Gott hatte den Menschen am Anfang zwei Wege zur Auswahl gestellt, die durch die beiden Bäume in der Mitte des Gartens Eden symbolisiert wurden: Den Weg zum Leben in ewiger Gemeinschaft mit Gott (vgl. Off.21,3), bzw. den Weg in die Sklaverei des Todes fern von Gott. Das Ziel der ewigen Gemeinschaft mit Gott wäre prinzipiell durch Überkleiden des verweslichen Leibes mit dem unverweslichen Leib (vgl. 1.Kor.15,50 & 53; 2.Kor.5,4) und Entrückung wie bei Henoch möglich gewesen. Dieser prinzipiell mögliche Weg zu Gottes Ziel wurde durch den Sündenfall verhindert. Aber Gott wurde dadurch nicht überrascht. Er hatte schon vor Grundlegung der Welt sowohl den Plan zu unserer Erlösung (vgl.1.Pet.1,18-20) als auch die Erlösung der Schöpfung (vgl. Röm.8,20-21) in einer neuen Welt geplant.

Das Sterben des sichtbaren und zeitlichen Leibes und die Auferstehung eines geistlichen Leibes wird vom Apostel Paulus mit dem Sterben und Keimen des Samenkorns verglichen (vgl. 1.Kor.15,36-38 & 42-44). Unser Herr Jesus benutzte dasselbe Bild in Joh.12,24, um zu zeigen, dass er ohne sein Sterben und die daraus erwachsenden Früchte allein bleiben würde. Eine Erweiterung von Röm.5,12 auf den Tod der Tiere ist daher nur eine mögliche Auslegung von Röm.8,20 aber keine eindeutige, biblische Aussage.

Wird eine mögliche Auslegung mit Absolutheitsanspruch vertreten und ein Lehrgebäude darauf gegründet, so entsteht ein Zusatz zur Heiligen Schrift. Ein solcher Zusatz ist aber nach 5.Mo.4,2; 13,1 und Spr.30,6 verboten.

Der Mensch bemüht sich zwar, auch die Frage nach dem Beginn des Leidens in der Schöpfung durch logische Schlüsse aus anderen Bibelstellen zu beantworten, aber diese Bemühung gerät leicht in einen Konflikt mit Gottes Verbot von Zusätzen zur Schrift. Wir sollten deshalb bescheiden sein und Fragen offenlassen, die auch in der Bibel offengelassen werden. Das gebietet die Ehrfurcht vor Gottes Wort.

Zu solchen offenen Fragen gehört auch unsere Unkenntnis über den Ursprung der Raubfische und Raubtiere. Hat Gott diese Arten erst nach dem Sündenfall geschaffen – während Gott ruhte? Wenn sie aber schon vor dem Sündenfall existierten, wie ist dann Gottes Urteil, dass es gut war (1.Mo.1,21 und 25), zu verstehen? Vielleicht deutet das darauf hin, dass Gottes Urteil nicht in unserer Zeitlichkeit zu begreifen ist, sondern die Erlösung der Kreatur nach Röm.8,19 ff mit einschließt. Nur in diesem Sinne ist übrigens die Antwort unseres Herrn Jesus an die Sadduzäer zu verstehen: „Für Gott leben alle“ (Luk.20,38) – das schließt die verstorbenen Patriarchen ein, die nach unserem zeitlichen Verständnis noch nicht auferstanden waren.

3. Was bedeutet es, dass alles, was Gott gemacht hatte, sehr gut war?

Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut (1.Mo.1,31).

Die Schöpfung war vor dem Sündenfall aus Gottes Sicht sehr gut. Wie unterscheidet sich Gottes Sicht von unserer Sicht? Gott sieht die gesamte Zeit, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zugleich. Wir können nur den gegenwärtigen Zustand sehen, so wie er sich in der Vergangenheit bis zur Gegenwart entwickelt hat. Ist es möglich, dass Gott alles, was er gemacht hatte, als sehr gut bezeichnete zu einer Zeit, als die Kreatur unter Tod und Leid seufzte?

Die göttliche Perspektive wird zutreffend mit den Worten beschrieben:

Gott sieht uns vom Ziele her.

Zur Erreichung des göttlichen Zieles waren Versuchung und Tod notwendig:

Darum gestattete Gott dem Versucher den Zugang zum Garten Eden. Und da schon vor Beginn der Schöpfung die Erlösung geplant war, erschuf Gott unsere zeitliche Welt von Anfang an – im Gegensatz zur ewigen Welt – einschließlich der Tiere und Menschen sterblich.

Auch der ewige Gottessohn bekam einen sterblichen Leib (Joh.1,14), der aber wie Adams Leib vor dem Sündenfall nicht unter der Gewalt des Todes war. Nur Jesus Christus konnte sagen: Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, um es wieder zu nehmen. Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe Vollmacht, es zu lassen, und habe Vollmacht, es wieder zu nehmen (Joh.10,17-18).

Zu Gottes vollkommenem Plan gehören die Schöpfung und die Erlösung der nach seinem Ebenbild erschaffenen Menschen. Sowohl die Schöpfung als auch die Erlösung sind im ewigem Heilsplan Gottes festgelegt: Erlöst mit dem kostbaren Blute Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken; welcher zuvor erkannt ist vor Grundlegung der Welt (1.Petr.1,19-20).

Abschließend wollen wir die Unterschiede betrachten zwischen dem Garten Eden vor dem Sündenfall und dem Neuen Jerusalem. Das Neue Jerusalem gehört zur neuen Schöpfung:

Im Garten Eden gab es dies alles auch vor dem Sündenfall. Außerdem gibt es in der neuen Schöpfung

Im Gegensatz zum Neuen Jerusalem, das von der Herrlichkeit Gottes und des Lammes erleuchtet wird, hatte der Garten Eden Sonne, Mond und Sterne als Lichtquellen, und es gab einen periodischen Wechsel von Tag und Nacht, Licht und Finsternis, und es gab Versuchung, die zum Sündenfall führte. Trotzdem lautete Gottes Urteil über alles, was er gemacht hatte, “es war sehr gut”.

Im Garten Eden gab es den Baum der Erkenntnis, und der Versucher hatte Zutritt zum Paradies. Beides war notwendig, um dem Menschen die freie Entscheidung unter der Bedingung einer echten Versuchung zu geben. Dadurch wird deutlich, dass Gottes Urteil, „sehr gut“ nicht auf den Zustand der Schöpfung vor dem Sündenfall begrenzt ist. Gott beurteilt sein Werk nicht aus unserer zeitlich begrenzten Perspektive. Gottes Perspektive umfasst Zeit und Ewigkeit. Im Lebensbuch des geopferten Lammes stehen die Namen der Erretteten seit Erschaffung der Welt (Off.13,8). Unser Herr hat mit einem Opfer auf immerdar vollkommen gemacht, die geheiligt werden (Heb.10,14).

Von Gottes Ziel her betrachtet war die zeitliche Schöpfung einschließlich Versuchung und Tod sehr gut, denn beides war für eine begrenzte Zeit zur Erfüllung des göttlichen Heilsplanes notwendig.

4. Wie verstehe ich den Schöpfungsbericht in 1.Mose 1?

  1. Im Anfang der Zeit schuf Gott sowohl die unsichtbare ewige Welt als auch die sichtbare zeitliche Welt. In V.1 wird eine vollständige Schöpfung beschrieben. Dazu gehörte das Universum mit Sonne, Mond und Sternen sowie die Erde mit pflanzlichem und tierischem Leben (vgl. RASHI zu 1.Mo.1,14).
  2. Zu einem späteren Zeitpunkt herrschte auf der Erde das in V.2 beschriebene Chaos und Finsternis, die m. E. durch eine Kollision eines Asteroiden mit der Erde verursacht wurden (vgl. meinen Aufsatz: Gedanken zum biblischen Schöpfungsbericht).
  3. In den Versen 3-31 wird dann aus der Perspektive eines Beobachters auf der Erdoberfläche berichtet, was Gott sprach und tat sowie was geschah.

Der majestätische erste Satz des Schöpfungsberichts und der Bibel unterscheidet sich deutlich von dem Bericht ab Vers 3. In sieben hebräischen Worten wird der Anfang von Zeit und Raum einschließlich unseres Universums und unserer Erde als Gottes Schöpfung beschrieben.

Im Gegensatz dazu werden die einzelnen Abschnitte von Vers 3 an jeweils mit Gottes Sprechen begonnen und dann mit dem Bericht über die unterschiedlichen Ausführungen von Gottes Befehlen fortgesetzt. Dabei werden gleich lautende Befehle zum Teil unterschiedlich ausgeführt. Vergleichen wir dazu die Befehle Gottes am dritten bzw. sechsten Tage und die Beschreibungen, wie diese Befehle ausgeführt wurden:

Und Gott sprach: Es lasse die Erde grünes Gras sprossen und Gewächs, das Samen trägt, fruchtbare Bäume (1.Mo.1,11).

Und Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendige Wesen nach ihrer Art, Vieh, Gewürm und Tiere des Feldes (1.Mo.1,24).

In diesen Befehlsworten besteht kein wesentlicher Unterschied, wohl aber in der Beschreibung der jeweiligen Ausführung:

Und die Erde brachte hervor Gras und Gewächs, das Samen trägt nach seiner Art, und Bäume (1.Mo.1,12).

Und Gott machte die Tiere des Feldes nach ihrer Art und das Vieh nach seiner Art (1.Mo.1,25).

Für mich besteht zwischen den Beschreibungen “die Erde brachte hervor” bzw. “Gott machte” ein wesentlicher Unterschied: Im ersten Fall wird – wie oben dargelegt – ein natürlicher Wachstumsprozess beschrieben, im zweiten Fall das Wirken Gottes.

Im Berichtsteil werden folgende Worte zur Darstellung des jeweiligen Geschehens verwendet:

  1. Gott schuf (1.Mo.1,1; 21; 27)
  2. Gott machte (1.Mo.1,7; 16; 25)
  3. Es wurde (1.Mo.1,3)
  4. Es ward also (1.Mo.1,9; 11)
  5. Die Erde brachte hervor (1.Mo.1,12)

Der Abschnitt von 1.Mo.1,1 bis 1.Mo.2,4a gibt eine Übersicht über Gottes Schöpferhandeln und seine Zubereitung der Erde als Lebensraum für den Menschen. Dieser Abschnitt schließt mit den Worten: „Dies ist die Geschichte des Himmels und der Erde, als sie geschaffen wurden“. In dem anschließenden Abschnitt wird die Erschaffung des Menschen im Detail berichtet.

Der erste Abschnitt enthält 35mal den Namen Gottes (elohiym) sowie 7mal das spezifische Verb schaffen (bara), das im Hebräischen spezifisch das Schöpferhandeln Gottes beschreibt. Damit stellt dieser Abschnitt den konzentriertesten Bericht von Gottes Schöpfertätigkeit in der ganzen Bibel dar.

Für mich ist eine Unterscheidung der unterschiedlichen Worte im Berichtsteil eine wesentliche Voraussetzung zum Verständnis des Schöpfungsberichtes. Ich bin davon überzeugt, dass auch die Wortwahl vom Geist Gottes inspiriert wurde und deshalb gebührende Beachtung verdient.

Schlussfolgerungen

Im ersten Teil des Schöpfungsberichtes (1.Mo.1,1-2,4) kommt das spezifische Wort „erschaffen“, hebräisch „bara“ in 35 Versen siebenmal vor, das ist die größte Häufigkeit dieses Wortes in der ganzen Bibel. Dieses spezifische Wort „erschaffen“ ist von dem unspezifischen Wort „machen“ zu unterscheiden. – Ein sorgfältiges Studium des Schöpfungsberichts führt zu dem Ergebnis, dass die Meinung, Gott habe den Menschen in derselben Woche erschaffen wie Himmel und Erde keine Lehre der Bibel ist, sondern eine menschliche Auslegung. Den Zeitpunkt der Erschaffung von Himmel und Erde lässt die Bibel offen. Die Erschaffung des Menschen kann dagegen auf eine Zeit vor ca. 10 000 Jahren datiert werden (siehe Anhang 3). – Gott erschuf sowohl eine zeitliche als auch eine ewige Welt. Erlösung ist nur in der zeitlichen Welt möglich, denn ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung (Heb.9,22). Die Meinung, dass es vor dem Sündenfall keinen Tod in der zeitlichen Welt gegeben habe, ist eine zweifelhafte, menschliche Auslegung aber keine Lehre der Bibel. Die zeitliche Begrenzung des Lebens – also der Tod – ist eine notwendige Voraussetzung für die Erlösung, die von Gott schon vor der Schöpfung geplant war (1.Pet.1,18-20). – Von Gottes Ziel her betrachtet war die zeitliche Schöpfung einschließlich Versuchung und Tod sehr gut, denn Versuchung und Tod waren für eine begrenzte Zeit zur Erfüllung von Gottes Heilsplan notwendig.

Anhang 1

Dr. Arnold Fruchtenbaum:

(Das 1. Buch Mose, Kapitel 1-11, CMD, Hünefeld, 2009, ISBN: 978-3-939833-55-3)

Betrachtungsweisen zu 1. Mose 1,1—3

Es gibt drei vorherrschende Betrachtungsweisen zu den ersten 3 Versen von

1. Mose 1: Die Theorie des Chaos am Anfang; die Theorie vom Chaos vor der Schöpfung, auch als Theorie des Relativen Anfangs bekannt; und die Lücken- theorie, die auch Wiederherstellungstheorie genannt wird.

Theorie des Chaos am Anfang — Ursprungsschöpfungstheorie

Diese Betrachtungsweise wird von Keil vertreten, der zusammen mit Delitzsch den Keil and Delitzsch Commentary zusammengestellt hat. Es ist auch die Ansicht von Leupold, einem lutheranischen Ausleger, sowie von Dr. U. Cassuto, der einen Kommentar aus der Sicht des orthodoxen Judentums verfasst hat. Diese Schau betrachtet 1.Mose1,1 als Teil des ersten Schöpfungstages. Sie sieht den Vers als unabhängigen Abschnitt oder unabhängigen Erzählsatz, der den ersten Teil von Gottes Werk am ersten Tag wiedergibt. Genesis 1,2 enthält in dieser Betrachtungsweise drei getrennte Parallelsätze. Sie wer- den als drei Detailsätze betrachtet, die den Zustand der Erde direkt nach Er- schaffung des Universums näher beschreiben. Die Sätze werden allesamt neutral aufgefasst —in einem neutralen Stadium; sie weisen nur auf das Rohmaterial hin, aus dem Gott die Erde in ihrer jetzigen Form bildete. Daher ist Vers 2 weder ein positives (schöpferisches) noch ein negatives (chaotisches), sondern ein neutrales Element. Das Chaos trug sich in Verbindung mit der ursprünglichen Schöpfung zu. Mit anderen Worten: Laut dieser Betrachtungsweise geschah das Chaos zur Zeit der eigentlichen Erschaffung der Substanz. Vers 3 wird dann als unabhängiger Erzählsatz angesehen; er zeigt die Art und Weise, auf die Gott wirkte — nämlich durch sein Wort. Es gibt zwei Varianten dieser Betrachtungsweise. Die eine besagt, Genesis 1,1-2 sei chronologisch, und vor Vers 3 befinde sich eine zeitliche Lücke. Die zweite Variante besagt, 1.Mose 1,1-3 sei streng chronologisch und weise keine Lücke auf.

Fruchtenbaum beschreibt anschließend die Theorie von einem Chaos vor der Schöpfung, die für unsere Betrachtung irrelevant ist. Er begründet dann, warum er die „Lücken“- oder „Wiederherstellungstheorie“ bevorzugt:

Wiederherstellungstheorie – Genesis 1,1

Vers 1 beschreibt die ursprüngliche, vollkommene Schöpfung; sie war eine Erschaffung aus dem Nichts. Es gibt drei Gründe zur Befürwortung dieser Ansicht. Erstens: Vers 1 hat die Form einer erzählenden, verkündenden Aussage. Er hat nicht die Form, nur eine Überschrift oder ein Titel zu sein. Zweitens: Die Konjunktion vav verbindet Vers 1 mit Vers 2. Das wäre unmöglich, wenn Vers 1 nur eine Überschrift, eine Zusammenfassung oder eine Themenangabe wäre. Drittens spricht Vers 2 von einer bereits existierenden Erde; sie muss also in Vers 1 ins Dasein gerufen worden sein. Somit liegt zwischen den Versen 1 und 2 eine zeitliche Lücke. In dieser Zeitlücke geschah der Fall Satans und anderer Engel, was zum göttlichen Gericht über die Erde führte. Darüber ist in der Auslegung mehr zu lesen. Dann wird Vers 2 als unabhängiger Erzählsatz angesehen; er enthält drei untergeordnete Nebensätze, die beschreiben, wie die Erde einige Zeit nach 1. Mose 1,1 aussah. Vers 2 beschreibt somit jene Erde, die ein Ergebnis vom Fall Satans war; der Vers enthält getrennte Sätze, die einen chaotischen Zustand beschreiben. Es gibt zwei Varianten in dieser Position. Einerseits kann 1. Mose 1,2 ein Folgesatz nach 1. Mose 1,1 sein; oder 1. Mose 1,2 bildet einen Nebensatz zu 1. Mose 1,1. Und schließlich ist laut dieser Betrachtungsweise Vers 3 ein unabhängiger Erzählsatz; er beschreibt den ersten Schritt der Wiederherstellung und Neuformung einer gerichteten Erde. Die sechs Schaffenstage beginnen tat- sächlich mit Vers 3. Die Verse 1 und 2 sind also nicht Teil des ersten Schöpfungstages. Vers 3 beschreibt den ersten Tag der Schöpfung.

Zu Vers 2 führt er weiter aus:

Genesis 1,2 eröffnet einen neuen Themenbereich. Auf Hebräisch lautet das erste Wort ve-ha-aretz, d. h. »und die Welt«. Wenn in der hebräischen Grammatik das Subjekt vor dem Prädikat steht, wird das Subjekt betont; es soll etwas Neues darüber gesagt werden. In diesem Fall steht das Subjekt vor dem Prädikat. Der Autor möchte also etwas Neues über das Subjekt sagen. Subjekt ist in diesem Fall die Erde.

Genesis 1,2 beschreibt die Zustände der Erde vor Vers 3; der Vers ist kein Ergebnis von Vers 1. Der Masoretische Text verwendet eine Notation namens Rebbia, die andeutet, dass dieses vav eine trennende Funktion hat; dann könnte man den Buchstaben mit nun übersetzen und den Text so wiedergeben: »Nun [war] die Erde.« Der Masoretische Text geht nicht von einem verbindenden vav aus, das zur Lesart führen würde: »Und die Erde.« Diese grammatische Aussage zeigt, dass Vers 2 keine Folge von Vers 1 ist; daher ist die Bedeutung nicht und dann. Es wird deutlich, dass Vers 2 kein Resultat und keine Entwicklung von Vers 1, sondern der Hintergrund für Vers 3 ist. Die trennende Funktion spricht also dagegen, dass das Chaos ein Zwischenstadium in Gottes Werk bei der Schöpfung gewesen sein könnte.

Im Folgenden werden W. Kelly, A.C. Gaebelein und W. MacDonald zitiert, die ebenfalls 1.Mo.1,2 als Folge einer Katastrophe ansehen sowie Whitcomb und Morris, die eine globale Katastrophe vor der Sintflut kategorisch ablehnen. Dann wird etwas ausführlicher auf die Ansicht von John MacArthur eingegangen.

William Kelly:

Weder Vers 1 noch Vers 2 geben eine Zusammenfassung der Erde zu Adams Zeit. Diese wird erst von Vers 3 an zubereitet. Es gibt daher drei deutlich unterschiedene Zustände:

(William Kelly, In the Beginning, A. Holness London & R.L. Allan Glasgow 1894).

Arno C. Gaebelein unterteilt die ersten Verse von 1.Mo.1 wie folgt:

  1. Die ursprüngliche Schöpfung Gottes (1,1)
  2. Eine zugrunde gerichtete Schöpfung und der brütende Geist (1,2)
  3. Die Wiederherstellung der Erde
  4. Der erste Tag - Licht (1,3-5)

Zu Vers 1 führt er weiter aus: …Wann dieser Anfang war, an dem Gott die Himmel und die Erde schuf, wird nicht offenbart…

(Arno C. Gaebelein, Kommentar zum Alten Testament, Band 1, CLV Bielefeld & CV Dillenburg, 1997)

William MacDonald:

Es gibt verschiedene konservative Interpretationen des Schöpfungsberichts im 1.Buch Mose. Eine davon, die Schöpfungs- und Wiederherstellungs-Sicht besagt, dass sich zwischen den Versen 1 und 2 eine große Katastrophe er- eignete, vielleicht der Fall Satans (siehe Hes.28,11-19). Dadurch wurde die ursprüngliche, perfekte Schöpfung „wüst und leer“ (tohu wavohu). Da Gott die Erde nicht wüst und leer geschaffen hatte (siehe Jes.45,18), kann nur eine gewaltige Katastrophe das Chaos von Vers 2 erklären.

(William MacDonald, Believer’s Bible Commentary, T. Nelson Pub. Nashville, 1995)

Im Gegensatz zu diesen Bibelauslegern, die die Wiederherstellungs-Sicht vertreten, schreiben

Whitcomb und Morris:

„Man kann der Schlussfolgerung nicht entgehen, dass, wenn die Bibel wahr ist … die Sintflut das geologisch bedeutendste Ereignis war, das jemals seit der Schöpfung auf der Erde stattfand.“

(J.C. Whitcomb und H.C. Morris, Die Sintflut, Neuhausen-Stuttgart, 1975, 1. Auflage, S.232)

Anhang 2

Erklärung zum Entropiesatz

Der Entropiesatz besagt, dass jeder Vorgang, bei dem keine Wärme zu- oder abgeführt wird, in einer solchen Richtung verläuft, dass die Entropie dabei zunimmt. Nach der thermodynamischen Definition ist die Entropie ein Maß für die Unumkehrbarkeit eines Prozesses und legt damit die Richtung des Zeitablaufes fest. Nach Meixner ist der Entropiesatz mit dem Direktor in der riesigen Fabrik der Naturprozesse vergleichbar, der Art und Ablauf des ganzen Geschäftsganges vorschreibt. Der Energieerhaltungssatz (Erster Hauptsatz der Thermodynamik) spielt nur die Rolle des Buchhalters, indem er Soll und Haben ins Gleichgewicht bringt (dtv Lexikon der Physik, Entropie).

Aufgrund des Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik ist ein perpetuum mobile zweiter Art unmöglich, d.h. eine Vorrichtung, die z.B. durch Abkühlung der Weltmeere Energie liefern soll. Nach Fruchtenbaum wäre dagegen vor Sündenfall und Fluch ein perpetuum mobile zweiter Art möglich gewesen.

In der unbelebten Natur gibt es beliebig viele Beispiele für irreversible, d.h. unumkehrbare Prozesse. Dazu gehören alle Ausgleichs- und Mischungsprozesse. Temperaturunterschiede gleichen sich ebenso aus wie Gebiete unter- schiedlichen Luftdrucks. Letztere sind eine Ursache für Luftbewegungen wie Wind und Sturm. Ein Tropfen Tinte in einem Wasserglas bleibt nicht als Tropfen erhalten, sondern vermischt sich durch Diffusion mit dem Wasser und färbt nach einiger Zeit das ganze Wasser.

Eine selbständige Umkehr all dieser Prozesse ist aufgrund des Entropiesatzes in unserer Welt ausgeschlossen – und zwar seit der Erschaffung der zeitlichen Welt.

Wir wollen uns nun einige Beispiele ansehen, an denen die Gültigkeit des Entropiesatzes vor dem Sündenfall deutlich wird. Im Paradies gab Gott den Menschen Früchte zur Speise. Der Verdauungsprozess ist ohne jeden Zweifel ein unumkehrbarer Vorgang. Auf natürliche Weise wird nicht einmal aus einem zerkauten Apfel wieder die originale Frucht – geschweige denn nach dem Verdauungsvorgang!

Ein weiterer Vorgang ist die Humusbildung. Niemand wird behaupten, dass sich vor dem Sündenfall genauso gut Blätter aus dem Humus zurückverwandelten wie sich Laub in Humus umwandelte – und zwar ohne Energiezufuhr. Natürlich ist der Humus die Lebensgrundlage für die Pflanzen, und beim Wachstum der Pflanzen wird letztlich Humus in Blätter umgewandelt – allerdings nur unter Energiezufuhr durch Licht mit Hilfe der Photosynthese. Es gibt in der Bibel keinerlei Hinweise, dass die in diesen Prozessen zum Ausdruck kommende Gültigkeit des Entropiesatzes auf die Zeit nach dem Sündenfall beschränkt sein sollte.

Anhang 3

Erschaffung des Menschen vor ca. 10 000 Jahren

Nach Bischof Ussher wurde Adam vor etwa 6000 Jahren erschaffen. Ussher ging allerdings davon aus, dass die biblischen Stammbäume eine vollständige Generationenfolge darstellen und keine Generation auslassen. Diese Voraussetzung ist aber nicht erfüllt, wie der Stammbaum von Jesus Christus in Mt.1 im Vergleich mit 2.Kön.8-14 sowie 2.Chron.21-25 zeigt.

Die archäologischen Funde belegen eine sprunghafte Zunahme von Faustkeilen und anderen Artefakten in einer Zeit vor ca.10 000 Jahren. Auch der Beginn von Ackerbau und Viehzucht wird auf diese Zeit datiert. Diese Epoche in der Jungsteinzeit wird als „neolithische Revolution“ bezeichnet.

(Vgl. A Settled Life, by S. German): The Neolithic revolution—the most important development in human history. The revolution which led to our way of life was the development of the technology needed to plant and harvest crops and to domesticate animals…The Neolithic period is also important because it is when we first find good evidence for religious practice, a perpetual inspiration for the fine arts. https://www.khanacademy.org/humanities/ap...neolithic/a/the-neolithic-revolution.

Die heutige Menschheit hat also ein Alter von ca.10 000 Jahren, denn die Bibel lehrt (Apg.17,26): Er (Gott) hat aus einem Blut jedes Volk der Menschheit gemacht, dass sie auf dem ganzen Erdboden wohnen sollen.

(2019-06)