Gedanken zum biblischen Schöpfungsbericht

Hartmut Ising

Gott ist offenbar durch die Natur und sein Wort

Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird seit Erschaffung der Welt an den Werken durch Nachdenken wahrgenommen (Röm. 1,20; Schlachter Übersetzung 2000).

Die Geschichte der Naturwissenschaften liefert viele Beispiele dafür, wie dieses Wort von namhaften Forschern beherzigt wurde. Kepler dachte z.B. intensiv und sehr erfolgreich über die Natur nach und verstand sich und seine Astronomen-Kollegen als Priester, die das Buch der Natur lesen können. Galilei begründete seine Methode, die Wahrheit durch Vergleich der Bibelauslegung mit Beobachtungsergebnissen der Natur zu suchen, mit den Worten: „Zwei Wahrheiten können sich nie widersprechen". Tatsächlich wird diese Methode von den meisten Christen prinzipiell akzeptiert, doch wird in der Praxis oft dem eigenen Verständnis der Bibel die absolute Priorität eingeräumt. Für einige Christen ist z. B. die Sonne jünger als die Erde, weil nach dem Schöpfungsbericht die Sonne erst am Tag vier „gemacht“ wurde (1.Mo. 1,14-19). Die Erschaffung von Himmel und Erde fand aber ganz am Anfang statt (1.Mo.1,1).

Fast alle Christen haben das kopernikanische Weltbild angenommen mit der Sonne als Zentrum, einige sind aber nicht bereit, die daraus notwendig folgende Konsequenz zu akzeptieren, dass das Zentralgestirn älter sein muss als seine Planeten.

Um solche Fehler zu vermeiden, ist es notwendig, dass die beiden Offenbarungen Gottes möglichst unabhängig voneinander studiert werden. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Unsere Erkenntnis ist und bleibt in dieser Welt Stückwerk, das gilt sowohl für das Verständnis der Natur als auch der Bibel. Zudem ist unser Denken und Erkennen alles andere als objektiv. Darum sind Bescheidenheit und Bereitschaft zur Korrektur Grundvoraussetzungen für ein erfolgreiches Suchen nach der Wahrheit in Schöpfung und Bibel. Maimonides, der berühmte jüdische Gelehrte aus dem 12. Jahrhundert, schrieb im Vorwort zu seinem „Führer der Unschlüssigen“: „Erkenntnis des Göttlichen kann nicht ohne Kenntnis der Naturwissenschaften erlangt werden.“ Auch wir sollten uns bemühen, Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, auch an seinen Werken wahr zu nehmen.

Die Schöpfung der zwei Welten und die Grundbedingung der Erlösung

Gott hat sowohl eine unsichtbare als auch eine sichtbare Welt geschaffen – und zwar durch den Sohn, welcher das Ebenbild des unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Kreatur. Denn in ihm ist alles erschaffen worden, was im Himmel und was auf Erden ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, seien es Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten (Kol.1,15-16). Nach 2.Kor.4,18 gilt: Was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.

Satan und seine Engel gehören zur unsichtbaren Welt. Eine Entscheidung gegen Gott ist in der unsichtbaren Welt unveränderlich, denn dort gibt es keinen Tod. Darum schreibt Judas (V. 6): … und Engel, die ihren ersten Zustand nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben, hat er zum Gericht des großen Tages mit ewigen Ketten unter der Finsternis verwahrt.

Warum nimmt sich Gott nicht der Engel an? Die Antwort finden wir in Heb.2,14-16: Weil nun die Kinder Blutes und Fleisches teilhaftig sind, hat auch er in gleicher Weise an denselben teilgenommen, auf dass er durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, und alle die befreite, welche durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren. Denn er nimmt sich fürwahr nicht der Engel an, sondern des Samens Abrahams nimmt er sich an.

Der Grund ist also keineswegs, dass Gott den Engeln keine Gnade erweisen wollte, sondern weil prinzipiell nur sterbliche Wesen erlöst werden können. Um dem Menschen die Erlösbarkeit zu erhalten, vertrieb Gott ihn nach dem Sündenfall aus dem Paradies und versperrte ihm damit den Weg zum Baum des Lebens (1.Mo.3,22-24).

Gott hat den Menschen mit einer freien Entscheidungsmöglichkeit geplant und erschaffen – einer notwendigen Voraussetzung für eine persönliche Beziehung zu unserem Gott und Schöpfer in Liebe.

Bei der Ausführung seines Planes war der Sündenfall für Gott kein unvorhergesehener Zwischenfall, auf den er mit der Unterwerfung des Sichtbaren unter die Vergänglichkeit reagiert hätte. Gott hat uns bereits vor Grundlegung der Welt auserwählt, dass wir heilig und tadellos vor ihm seien in Liebe (Eph.1,4). Das ist aber nur auf der Grundlage und im Eins werden mit Tod und Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus möglich (2.Kor.5,14-17). Um Gottes Plan auszuführen, musste der ewige Gottessohn Mensch werden und sterben, und der sterblich erschaffene Mensch musste nach dem Sündenfall sterblich bleiben, um erlöst werden zu können. Im Gegensatz zu den zeitlichen Geschöpfen sind die Geschöpfe der unsichtbaren und ewigen Welt prinzipiell nicht erlösbar. Diese biblischen Grundlagen zeigen, dass Gott in seiner Vorkenntnis (1.Pet. 1,2) die sichtbare Welt einschließlich der Tiere und Menschen ursprünglich so geplant und erschaffen hat, dass prinzipiell eine Erlösung möglich war, also zeitlich, vergänglich und sterblich.

Viele ältere Bibelausleger war der Ansicht, dass zwischen der ursprünglichen Schöpfung von Himmel und Erde (1.Mo.1,1) und dem in 1.Mo. 1,2 beschriebenen Chaos eine nicht näher beschriebene Zeitspanne liegt. Das Chaos in Vers 2 und die Finsternis wurden nach dieser Erklärung durch eine Katastrophe verursacht. Viele Ausleger sehen den Fall Satans als Ursache dieser Katastrophe. Meiner Meinung nach wurden die in V. 2 beschriebenen Zustände äußerlich durch eine Asteroiden-Kollision mit der Erde (siehe Anhang 1) verursacht, deren Folgen den Lebensraum auf unserem Planeten verwüsteten. Der Bericht von Vers 3 an beschreibt dann die Wiederherstellung der Erde als Lebensraum für die neu zu erschaffenden Tiere und Menschen.

Die sechs Schaffenstage Gottes

Das Wirken Gottes ist zeitlich eingeteilt in sechs Tage und inhaltlich jeweils gegliedert in ein Befehlswort Gottes mit anschließender Beschreibung der Ausführung dieses Wortes. Darauf folgen Beurteilungen, Benennungen, Bestimmungen, Segen etc. Da das Thema die Zubereitung der Erde als Lebensraum für den Menschen ist (Jes.45,18), erfolgt auch die Beschreibung der Einzelschritte in Richtung auf dieses Ziel – jeweils aus der Sichtweise eines Beobachters auf der Erdoberfläche.

Die Erde war wüst und leer und total mit Wasser bedeckt. Wahrscheinlich erfüllten Wolken, die bis zur Wasseroberfläche reichten, die ganze Atmosphäre. Alles war in totale Finsternis gehüllt. Aber der Geist Gottes war gegenwärtig. In dieses Chaos hinein erschallte das erste Befehlswort Gottes: „Es werde Licht“, gefolgt von der Ausführung in kürzest möglicher Form, und es wurde Licht.

Hier steht nicht, dass Gott das Licht aus dem Nichts geschaffen habe. Darum verstehe ich den Bericht so, dass auf Gottes Befehl hin das in Vers 1 zusammen mit den Himmeln erschaffene Licht der Sonne die bisher lichtundurchlässigen Wolkenmassen durchdringen konnte. Das hatte zur Folge, dass auf der Oberfläche des wasserbedeckten Planeten Erde ein periodischer Wechsel von Licht und Finsternis, von Tag und Nacht, begann. Der ab hier berichtete Wechsel von Tag und Nacht beschreibet m. E. einen 24 Stunden dauernden Tag.

Dieser periodische Wechsel von Licht und Finsternis ist der erste Hinweis auf die Perspektive, aus der der Schöpfungsbericht dargestellt ist. Ein Beobachter von einem entfernten Punkt aus dem Weltall, z. B. einem Raumschiff, würde nicht einen periodischen Wechsel von Licht und Finsternis wahrnehmen, sondern einen unterschiedlich beleuchteten Körper.

Das richtige Verständnis der Perspektive ist von entscheidender Bedeutung für das Verständnis des ganzen Berichtes. Der Schöpfungsbericht ist aus der Perspektive eines Beobachters auf der Erdoberfläche beschrieben. Aus dieser Perspektive betrachtet, geht die Sonne morgens am östlichen Horizont auf, steigt mittags zum Zenit und geht abends am westlichen Horizont unter. Diese Perspektive beinhaltet auch einen begrenzten Horizont des Beobachters. Es wäre allerdings ein Fehler, aus dieser Wahl der Perspektive zu schließen, dass die Bibel ein geozentrisches Weltbild lehre. Dieser Fehler wurde zur Zeit der Inquisition begangen, deshalb sollten wir sehr sorgfältig ähnliche Fehler vermeiden.

Gott beurteilte das Licht als gut, nicht aber die nächtliche Finsternis, und damit war ein Tag des Schaffens Gottes beendet. Woher kamen Finsternis und Chaos? Wenn Gott das Weltall wirklich so plötzlich geschaffen hätte, wie manche Christen annehmen – Er sprach und es war (plötzlich vollendet? Ps. 33,9) – so ließe diese Vorstellung keine Zeit für Chaos und Finsternis. Außerdem bleibt die Frage offen, wer für diesen Zwischenzustand verantwortlich ist und warum nur das Licht als gut beurteilt wurde.

An einem zweiten Schaffenstag machte Gott den Luftraum – vermutlich unter einer hohen, geschlossenen aber lichtdurchlässigen Wolkendecke. Warum finden wir wohl an diesem Tag keine Beurteilung, obwohl sonst an allen Tagen das Werk Gottes als gut bezeichnet wird?

An einem dritten Schaffenstag senkte Gott den Meeresboden ab und hob das Land an, so dass sich die Wasser sammeln konnten und die trockene Erde sichtbar wurde. Damit war pflanzliches Leben auf der Erdoberfläche möglich. Dieses wurde zu diesem Zeitpunkt nicht von Gott erschaffen – ebenso wie das Licht am Tag eins nicht geschaffen wurde. Gott beauftragte vielmehr die Erde, Pflanzen wachsen zu lassen, worauf die Erde Pflanzen verschiedenster Art hervorbrachte.

Da hier nicht einmal steht, dass Gott die Pflanzen machte, scheint mir die wahrscheinlichste Bedeutung dieser Worte zu sein, dass zu dieser Zeit Pflanzen aus bereits vorhandenen Samen zu wachsen begannen. Diese Samen sind m. E. von einer ursprünglichen und durch eine kosmische Katastrophe zerstörten Schöpfung übriggeblieben (vgl. Anhang 1). – Andere meinen, dass der Informationsfluss des göttlichen Befehlswortes die Organisation des pflanzlichen Lebens aus anorganischer Materie bewirkt habe.

Da die Erde Gras, Sträucher und fruchttragende Bäume hervorbrachte, ist m. E. klar, dass dieser Prozess nicht in 24 Stunden abgeschlossen sein konnte. Ich zweifle zwar nicht daran, dass Gott einen großen Baum voller Früchte aus dem Nichts erschaffen kann. Aber der Geist Gottes berichtet an dieser Stelle nicht von einer solchen Schöpfertat. Die Wortwahl passt dagegen zu einem Wachstumsprozess, wie wir ihn in der Natur beobachten können und der für einen Baum vom Keimen des Samens bis zum Fruchttragen mehrere Jahre dauert. Diese Deutung wird auch durch Kap.2,9 bestätigt: Und Gott, der HERR, ließ aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen… Damit erweist sich die Vorstellung, dass zwischen dem göttlichen Wort: „Es werde Licht“ und der Erschaffung des Menschen weniger als eine Woche vergangen sei, als äußerst fraglich.

Der Detailbericht über die Erschaffung des Menschen beginnt mit den Worten „an dem Tag, als Gott, der HERR, Erde und Himmel machte…“ (Kap.2,4, Rev. Elberfelder Übers.) und geht damit auf 1.Mo.1,1 zurück. In 1.Mo.1,10, erscheint erstmals das trockene Land, auf dem Gott den für den Menschen notwendigen Lebensraum bereitete. Ich verstehe den Abschnitt als drei zeitlich aufeinander folgende Momentaufnahmen der Schöpfung:

1.) Erschaffung von Himmel und Erde, (Kap.1,1)

2.) Erscheinen des trockenen Landes (Kap.1,10),

3.) Erschaffung des Menschen (Kap.1,27).

Dabei bilden der 1. und 2. Abschnitt die Hinführung zum Hauptthema dieses Abschnitts, der Erschaffung des Menschen.

Offensichtlich hat das Wort Tag (yowm) in den Kapiteln 1 und 2 unterschiedliche Bedeutungen. In Kapitel 2,4 könnte mit „Tag“ nach Ps. 90,4 eine lange Zeitperiode gemeint sein. Andererseits scheinen die einzelnen Schaffenstage in Kapitel 1 normale 24 Stunden-Tage darzustellen, wofür die Erwähnung von Abend und Morgen sprechen. Allerdings müssen wohl zwischen den einzelnen Tagen jeweils längere Zeitspannen gelegen haben. Darauf deutet m. E. auch die Wortwahl, ein zweiter, ein dritter... ein fünfter Tag hin.

An einem vierten Wirkungstag Gottes wurden die Himmelskörper gemacht – nicht geschaffen. Im Sinne des Berichts aus der Sicht eines Beobachters auf der Erdoberfläche könnte das bedeuten, dass Gott Sonne, Mond und Sterne für den Beobachter sichtbar machte, indem Er die bisher geschlossene Wolkendecke erstmalig aufreißen ließ. Erst damit konnten die Himmelskörper als Zeichen und zur Bestimmung von Zeiten und Tagen und Jahren dienen.

An einem fünften Schaffenstag wird nach Vers 1 erstmalig wieder das Wort schaffen (bara) benutzt: Und Gott schuf die großen Seeungeheuer und alle sich regenden lebenden Wesen im Wasser. Der neue Anfang dieser Lebewesen erforderte im Gegensatz zum pflanzlichen Leben einen Schöpferakt Gottes. Nach der Erschaffung der Wassertiere und Vögel sprach Gott erstmalig einen Segen über Seine Geschöpfe aus.

In der Ausführungsbeschreibung zur Erschaffung des Menschen tritt das Wort „bara“ (schaffen) dreimal auf. Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie (Kap. 1,27). Damit wird die besondere Stellung des Menschen in der gesamten Schöpfung unterstrichen. Der Mensch wird gesegnet und erhält einen Auftrag: Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht (V. 28).

Eine „heile Welt” vor dem Sündenfall?

Das Urteil Gottes über seine Schöpfung lautete: Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut (V. 31). Nach der Interpretation vieler jungkreationistisch geprägter Christen war die gesamte Schöpfung – also das gesamte Universum einschließlich der Erde und alles Lebens auf der Erde zu diesem Zeitpunkt sehr gut. Ist diese Interpretation richtig? Gott bezeichnete zwar seine Werke als sehr gut, nicht aber die Finsternis, denn wir lesen in Vers 4: Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis.

Trotzdem betrachten viele Christen die gesamte Schöpfung vor dem Sündenfall als „heile Welt“, in der es keinerlei Tod, auch nicht den Tod von Tieren gab. Für die Entstehung dieser Idealisierung scheint mir ein Wahrnehmungsprinzip mit verantwortlich zu sein, das mit Hilfe von Abb. 1 verdeutlicht werden soll.

Bei den sogenannten Doppelbildern (optische Täuschungen) erkennt man zuerst eine der beiden Darstellungen. Bei längerer Betrachtung, auch aus verschiedenen Richtungen, springt die Wahrnehmung plötzlich um, und man erkennt die andere Darstellung. Ich erkenne zuerst das Gesicht einer alten Frau mit Kopftuch (siehe Abb.1).

Abb. 1 Doppelbild „Frau und Schwiegermutter“ (nach Boring)

Dabei deute ich das Bild automatisch so, dass es mit einem Vorbild aus meiner Vorstellung zusammenpasst. Wenn nun die Wahrnehmung plötzlich umspringt und ich das Halbprofil einer jungen Frau erkenne, wird dasselbe Schwarz-Weiß-Muster anders gedeutet.

Ganz entsprechend bilden wir uns aus der komplexen Information der ersten Kapitel der Bibel bevorzugt vereinfachte Idealbilder – z.B. eine „heile Welt“ vor dem Sündenfall und verlagern Tod und Leid in die Zeit danach. Um diese vereinfachte Gesamtschau zu ermöglichen, werden Details wie die Frage nach der Ursache von Chaos und Finsternis in Vers 2 ausgeblendet.

Wie oben dargestellt, sehen viele Bibelausleger das Chaos in Vers 2 nicht als Vorstufe bei der göttlichen Zubereitung der Erde als Lebensraum für den Menschen, sondern als Auswirkung von Satans Fall. Für mich sind die wissenschaftlichen Bewertungen langjähriger Forschungsarbeiten glaubhaft, wonach der Lebensraum auf der Erde durch mindestens fünf globale Katastrophen fünfmal weitgehend vernichtet wurde (vgl. z.B. J. Palfy, Katastrophen der Erdgeschichte, Schweizerbart, Stuttgart, 2005). Dem biblischen Schöpfungsbericht entnehme ich folgende zeitlich nicht näher festgelegten Momentbeschreibungen des Zustandes von Universum und Erde:

1.) Der Anfang der sichtbaren Welt durch den Ausspruch von Gottes Schöpferwort (siehe Anhang 2).

2.) Zu einem späteren Zeitpunkt war die Erdoberfläche ein dunkles Chaos – wie nach dem Einschlag eines Asteroiden mit mehr als 10 km Durchmesser zu erwarten ist (siehe Anhang 1).

3.) Durch Gottes Sprechen wurde der Lebensraum auf der Erde in einem sechs-stufigen Programm wiederhergestellt und anschließend der Mensch erschaffen.

Die Datierung der Erschaffung des Menschen wurde aus den in der Bibel aufgezeichneten Geschlechtsregistern abgeleitet. Da aus dem Vergleich paralleler Geschlechtsregister erkennbar ist, dass in diesen Registern einzelne Geschlechter ausgelassen wurden, kann man aus der Bibel nur die Größenordnung der Zeit angeben, die nach der Erschaffung des Menschen vergangenen ist. Nach der Bibel beträgt das Alter des Menschen größenordnungsmäßig 10 000 Jahre. 1000 Jahre wäre eine Größenordnung zu wenig und 100 000 Jahre eine Größenordnung zu viel.

Ein Alter des Menschen von 10 000 Jahren erscheint im Vergleich zu den Forschungsergebnissen der Anthropologie als vollkommen falsch. Als Argument für dieses geringe Alter möchte ich an das Alter der Kulturgeschichte erinnern, das größenordnungsmäßig mit 10 000 Jahren angenommen wird. Ich betrachte die Erschaffung des Menschen, der die Kultur schuf, als das Geschöpf, das nach dem Bild Gottes erschaffen wurde. Andere menschenähnliche Geschöpfe*) haben offenbar lange Zeit gelebt vor der Erschaffung des Menschen nach Gottes Bild.


*) Auch Sir J. Eccles – Nobelpreisträger Medizin 1963 – macht einen prinzipiellen Unterschied zwischen menschenähnlichen Geschöpfen und dem von Gott erschaffenen Menschen. Er schreibt: „Da unsere erlebte Einmaligkeit mit materialistischen Lösungsvorschlägen nicht zu erklären ist, bin ich gezwungen, die Einmaligkeit des Selbst oder der Seele auf eine übernatürliche spirituelle Schöpfung zurückzuführen.“ Eccles führt den Begriff „antizipatorische Evolution“ ein, um seine eigene Vorstellung von der Idee einer rein materialistischen Evolution durch Zufall und Auslese abzugrenzen. Vgl. J.C. Eccles Die Evolution des Gehirns – die Erschaffung des Selbst. Piper, München, 1993. Vgl. auch meinen Aufsatz: Evolution, Information und das Geheimnis des menschlichen Geistes.


In Analogie zu dem oben dargestellten Doppelbild erkenne ich im Schöpfungsbericht sowohl einen jungen Teil, die Erschaffung des Menschen, als auch einen älteren Teil, die Erschaffung von Himmel und Erde, deren Alter die Bibel offen lässt (vgl. meinen Artikel: Lehrt die Bibel eine junge Schöpfung?).

Aus 1.Mose 2 entnehme ich, dass nach der Wiederherstellung des Lebensraumes nicht die ganze Erde in einem paradiesischen Zustand war – sonst wäre der besonders beschriebene Garten überflüssig.

Gott hatte dem Menschen am Anfang zwei Wege zur Auswahl gestellt, die durch die beiden Bäume in der Mitte des Gartens Eden symbolisiert wurden: Den Weg zum Leben in ewiger Gemeinschaft mit Gott (vgl. Off.21,3) bzw. den Weg in die Sklaverei des Todes fern von Gott. Das Ziel der ewigen Gemeinschaft mit Gott sollte im Idealfall durch Überkleiden des verweslichen Leibes mit dem unverweslichen Leib (vgl. 1.Kor.15,50 & 53; 2.Kor.5,4) und anschließender Entrückung wie bei Henoch erreicht werden. Dieser ideale Weg zu Gottes Ziel wurde durch den Sündenfall verhindert. Aber Gott wurde dadurch nicht überrascht. Er hatte schon vor Grundlegung der Welt den Plan zu unserer Erlösung erdacht (vgl. 1.Pet.1,18-20) und deshalb auch die Erlösung der Schöpfung (vgl. Röm. 8,20-21) geplant – in einem zeitlichen Universum, wo eine Erlösung prinzipiell möglich ist. Der Mensch war von Gott sterblich geschaffen worden – sonst wäre der Baum des Lebens im Paradies überflüssig gewesen. Das Ziel Gottes mit dem Menschen ist aber das ewige Leben. Da alles Sichtbare zeitlich ist (2.Kor.4,18), sind auch die Tiere von Anfang an von Gott sterblich geplant und erschaffen worden.

Das Sterben des sichtbaren und zeitlichen Leibes und die Auferstehung eines geistlichen Leibes wird vom Apostel Paulus mit dem Sterben und Keimen des Samenkorns verglichen (vgl. 1.Kor.15,36-38 & 42-50). Unser Herr Jesus benutzte dasselbe Bild in Joh.12,24, um zu zeigen, dass er ohne sein Sterben und die daraus erwachsenden Früchte allein bleiben würde. Die Sterblichkeit des Menschen ist eine notwendige Voraussetzung für seine Erlösbarkeit. Darum vertrieb Gott den Menschen nach dem Sündenfall aus dem Paradies, um ihm den Weg zum Baum des Lebens zu versperren und ihm damit die Erlösbarkeit zu erhalten.

1. Anhang: Asteroiden

Am 21. Juli 1994 war die Kollision des Kometen Shoemaker-Levy 9 mit dem Planeten Jupiter von der Erde aus zu beobachten. Vor dem Aufprall zerbarst der Komet in mehrere Teilstücke, die bei der Kollision gewaltige Explosionen verursachten. Dabei entstanden Feuerbälle von der Größe der Erde. Durch dieses Ereignis konnten die Modellrechnungen von Asteroiden Einschlägen auf der Erde empirisch überprüft und im Wesentlichen bestätigt werden. Aufgrund des existierenden Risikos einer Asteroiden-Kollision mit der Erde haben verschiedene Länder entsprechende Forschungsprogramme begonnen. In einem Forschungsprogramm der NASA sollen alle erdnahen Asteroiden mit Durchmessern über 1 km aufgespürt werden. Das Memorandum der internationalen Konferenz über „Weltraumschutz der Erde“, die im September 2000 in Evaponia, Ukraine, abgehalten wurde, beginnt wie folgt:

Im letzten Jahrzehnt haben zahlreiche Studien gezeigt, dass im derzeitigen Entwicklungsstadium des Sonnensystems immer noch eine erhebliche Gefahr für eine Kollision der Erde mit kleineren Objekten aus dem Weltraum (Asteroiden, Kometen und deren Bruchstücken) besteht. Der Aufprall solcher Körper könnte lokale, regionale oder globale Katastrophen verursachen. Globale Katastrophen ereignen sich alle 100 000 Jahre; sie sind höchst gefährlich, weil ihre Konsequenzen von einer Dezimierung der Menschheit bis zur völligen Auslöschung reichen. Regionale Ereignisse wie Flutwellen durch Einschlag größerer Objekte in den Ozean sind häufiger (1mal in 10 000 bis 100 000 Jahren). Sie können den Tod von Hunderten von Millionen Menschen verursachen zusammen mit riesigen ökonomischen Verlusten. Sogar lokale Ereignisse wie die Tunguska Explosion können eine ernste Gefahr sein. Solch ein Ereignis über einer großen Stadt würde mehreren Millionen Menschen das Leben kosten, und die ökonomischen Verluste wären mit dem gesamten Bruttosozialprodukt einiger Industriestaaten vergleichbar. Ereignisse dieser Größenklasse treten einmal in 100 - 300 Jahren ein.“

Im Folgenden sollen einige Ergebnisse der Forschungsarbeiten über Asteroiden-Kollisionen mit der Erde dargestellt werden. Zur Einführung wollen wir uns die Folgen vergegenwärtigen, die der Einschlag eines Asteroiden mit 100 km Durchmesser und einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/s auf der Erde haben würde. Durch die beim Aufschlag freiwerdende Energie würde der Asteroid und riesige Felsmassen aus dem Krater verdampfen, so dass die Erde wochenlang von einer ca.1700oC heißen Wolke aus Felsdampf eingehüllt wäre, die wiederum zum Verdampfen einer Wasserschicht von mindestens 100 m Tiefe der gesamten Ozeane führen würde. Nach einer solchen Kollision würde es ca. 100 Jahre dauern, bis die Atmosphäre annähernd wieder in den Ausgangszustand übergegangen wäre.

Die Erde und noch deutlicher der Mond und verschiedene Planeten zeigen die Narben hunderter von Asteroiden Einschlägen – allerdings geringerer Ausmaße. Besonderes Interesse erweckte ein Krater in Mexiko mit einem Durchmesser von mindestens 180 km, der vom Einschlag eines Asteroiden mit ca. 10-20 km Durchmesser stammen dürfte. Das Aussterben der Dinosaurier zusammen mit einer weltweiten Massenvernichtung von tierischem Leben vor ca. 65 Millionen Jahren (Kreide-Tertiär Ereignis, englisch: Cretaceous-Tertiary oder K-T Event) wird auf diese Kollision zurückgeführt. Den ersten Hinweis auf eine globale Katastrophe gegen Ende der Kreidezeit gab eine starke Erhöhung des Elements Iridium in der entsprechenden Schicht. Da in Bruchstücken von Asteroiden auch eine erheblich höhere Iridium Konzentration nachgewiesen worden war als in irdischen Gesteinsproben, deutete das auf einen Asteroiden Einschlag hin. Die weltweit nachweisbare Iridium-Anomalie an der Grenzschicht zwischen Kreide und Tertiär beweist die globalen Ausmaße der Katastrophe.

Die bei dieser Kollision freiwerdende Energie führte zu einer direkten Verwüstung von ca. 1 Million km2 durch Druckwellen und Erdbeben. Flutwellen von mindestens 100 m Höhe verwüsteten die Küstenbereiche bis 20 km ins Land hinein. Die verdampften Felsmassen führten zu globalen Feuersbrünsten, bei denen die organischen Materialien auf der Erdoberfläche weitgehend verbrannten. Staub und Rauch bildeten eine lichtundurchlässige Schicht, so dass die gesamte Erde in Finsternis gehüllt wurde. Die Kombination aller Folgeerscheinungen führte mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer globalen Verwüstung der Biosphäre.

Die heute vorliegenden Bruchstücke von Asteroiden, die Krater und großflächigen, teils globalen Ablagerungsanomalien sind eindeutige Indizien für Einschläge von Asteroiden auf der Erde. Die dabei auftretenden Verwüstungen sind anhand des Zusammenhanges zwischen Kraterdurchmesser und kinetischer Energie der Himmelskörper einigermaßen zuverlässig abschätzbar.

2. Anhang: Zur physikalischen Bedeutung von Gottes Schöpferwort

Der Physiker Anton Zeilinger äußerte im Jahr 2004 die Überzeugung, dass die Information die eigentliche Grundlage der Physik ist und wies dabei auf die biblische Wurzel dieser alten Weisheit hin, indem er den Anfang des Evangeliums nach Johannes zitierte: Im Anfang war das Wort. Das von Zeilinger angeführte Bibelzitat führt zusammen mit Vers 3 des Evangeliums nach Johannes zu der Aussage: Im Anfang war das Wort … alles wurde durch dasselbe. Das bedeutet, dass die gesamte Schöpfung ihren Ursprung in dem Wort hat.

Das Wort – griechisch: logos – bedeutet unter anderem „Gedanke, Idee, Plan“ oder „Information“. Der jüdische Philosoph Philo von Alexandria (1. Jahrhundert n. Chr.) schreibt dazu: „Die immaterielle Welt war schon innerhalb des göttlichen Logos vollendet, und nach diesem Modell wurde die mit den äußeren Sinnen wahrnehmbare Welt gemacht.“

Der göttliche Plan der Schöpfung war also als Ur-Information (reine Information unabhängig von Zeit und Raum) bereits vollendet, bevor die reale Welt geschaffen wurde. Wie wurde nun aus der göttlichen Ur-Information die Schöpfung? Eine Antwort auf diese Frage finden wir in Hebräer 11,3: „Durch den Glauben verstehen wir, dass die Welten durch Gottes Wort (rhema = Sprechen = Information als Zeitverlauf) bereitet worden sind, so dass das, was man sieht, nicht aus Erscheinendem geworden ist“.

Ebenso wird auch in den Psalmen Gottes Schöpferhandeln mit seinem Sprechen in Zusammenhang gebracht Psalm (33,9 und 148,5): Denn er sprach, und es war; er gebot, und es stand da. Loben sollen sie den Namen des HERRN! Denn er gebot, und sie waren geschaffen.

Auch Philo von Alexandria sieht einen Zusammenhang von „sprechen“ und „erschaffen“. Er schreibt dazu: „Denn während Gott das Wort sprach, erschuf er im selben Moment.“

Unter Berücksichtigung des Schöpferwortes kann der Anfang unseres Universums etwa so verstanden werden, dass Gott seinen ewigen Plan, also reine Information, im Anfang der Zeit aussprach – also in einen Zeitverlauf der Information überführte – und damit sowohl die sichtbare Welt mit Zeit und Raum als auch die unsichtbare Welt erschuf. Der extrem hohe Informationsfluss des Schöpferwortes ist nach meiner Hypothese (siehe meine Artikel: „Er ist der Schöpfer aller Dinge“ und „Information in der Bibel und in der Naturwissenschaft“) einem riesigen Betrag an negativer Energie äquivalent, der zu der ursprünglichen inflationären Expansion des Ur-Universums führte.

Nach dieser Sicht war der Ursprung des Universums nicht der von Sir Fred Hoyle bespöttelte „big bang“ einer Explosion, der nur zu einem großen Chaos geführt haben könnte. Vielmehr war das im ersten Moment der Zeit gesprochene Schöpferwort die Ursache des wundervollen Kosmos, und mit dem Ausspruch des göttlichen Planes als Schöpferwort begann die Entfaltung des Universums, die noch heute nicht abgeschlossen ist.

(2018-09)